Zeitgenössisches Gemälde der Schlacht von Azincourt (® Public Domain)

1. Hintergründe

Im Jahr 1328 starb der letzte französische König aus dem Haus der Kapetinger, Karl IV. ohne direkten Thronfolger.
Nach französischer Auffassung ist nur eine Thronfolge über männliche Nachkommen möglich (Salisches Hausrecht), demnach wurde Phillip von Valois als nächster Verwandter zum König bestimmt. Er war ein Cousin von Karl IV.
Nach englischer Meinung war jedoch der englische König Edward III. erbberechtigt, da seine Mutter Isabella eine Schwester von Karl IV. war.

Weiteres Konfliktpotential bestand in der Herkunft des amtierenden Hauses in England, der Plantagenet. Durch ihre normannische Abstammung hatten sie umfangreiche Ländereien in Frankreich und waren dem französischen König lehenspflichtig.
Edward III. forderte die französische Königskrone und wurde dabei von den flämischen und deutschen Fürsten unterstützt. Im Januar 1340 erklärte er sich selbst zum rechtmäßigen König von Frankreich. Phillip besetzte daraufhin die englischen Festlandbesitzungen.
Als Phillip VI. auch noch für den englischen Erbfeind Schottland offen Partei ergriff, kam es zum Kriegsausbruch.

2. Ablauf der Ereignisse

Von den Historikern wird der Hundertjährige Krieg meist in drei Phasen eingeteilt:
Phase 1 (1337-1396)
Nach der Besetzung der Besitzungen durch die Franzosen schickten die Engländer Truppen aufs Festland. Trotz Unterlegenheit konnten die Engländer einige kleinere Scharmützel für sich entscheiden, jedoch kam es zu keinem bedeutenden Sieg. Erst am 23. August 1346 kam es zu einer größeren Schlacht bei Crecy. Die Engländer siegten durch die Überlegenheit ihrer Bogenschützen. Die französischen Angriffe verloren im mörderischen Pfeilhagel der Engländer ihre Durchschlagskraft. Die englischen Ritter kämpften abgesessen und verstärkten die Abwehrlinien der Schützen. Das dritte Treffen der Franzosen versuchte unter Aufbietung aller Kräfte nochmals die Linien der Engländer zu durchstossen, aber ohne Erfolg. Edward setzte jetzt seine Reserven ein und vertrieb die Franzosen vom Schlachtfeld. Eine Verfolgung unterblieb. Große Teile und bedeutende Mitglieder des französischen Adels waren gefallen oder in Gefangenschaft geraten.
Im gleichen Jahr wurde mit der Belagerung von Calais begonnen. Die Hafenstadt viel 1347 nach 11 Monaten Belagerung. Die Kampfhandlungen schliefen danach ein und die Engländer beschränkten sich auf die Verteidigung von Calais.
1350 starb Phillip VI., sein Nachfolger wurde Johann II. Valois.
1355 landete der englische Thronfolger Edward (gen. "Der Schwarze Prinz") mit Truppen bei Bordeaux. Bei Maupertuis errangen die Engländer am 19. September 1356 ihren nächsten großen Erfolg. Wiederum an Truppenstärke unterlegen, siegten die Engländer durch Ausnutzung des Geländes und ihren taktisch überlegenen Bogenschützen. König Johann II. geriet in englische Gefangenschaft.
1360 wurde der Frieden von Bretigny geschlossen. Folgende Vereinbarung wurde getroffen: Edward III. verzichtete zu Gunsten von Johann II. auf die französische Krone gegen die Zahlung eines Lösegeldes von 600.000 Ecu, nimmt jedoch die Gascogne, Guyenne, Limousin und Poitou in Besitz. Die französische Krone verzichtet auf die Lehenshoheit über diese Gebiete.
1364 starb Johann II. und sein Sohn folgte ihm als Karl V. auf den Thron, der bereits während der Gefangenschaft von Johann als Regent fungiert hatte. Nach Überwindung zahlreicher innerer Probleme (Pest, Einbruch der Landwirtschaft) und Sicherung der Grenze zum Königreich Navarra durch Vertrag, ging Karl V. das "englische Problem" an. Die Erbfolge in der Bretagne war ungeklärt. Der französische Kandidat Karl von Blois war im Krieg gegen Navarra gefallen, so dass Karl V. nun den englischen Anwärter Johann von Montfort unterstützte und als Herzog der Bretagne anerkannte. Dieser diplomatische Schachzug brachte Johann von Montfort dazu, sein Bündnis mit England aufzukündigen und sich dem König von Frankreich zu unterstellen. Gestützt auf dieses Bündnis eröffneten die Franzosen die Kämpfe 1369 erneut. Große Teile in der Gascogne wurden zurückerobert. Mit Unterstützung aus Kastilien wurde die englische Flotte 1372 vor Rochelle geschlagen. Unter der militärische Führung von Bertrand du Guesclin wurden die Engländer aus der Bretagne und der Normandie vertrieben.
1376 starb überraschend früh der englische Thronfolger Edward ("Der Schwarze Prinz") und im Jahr darauf sein Vater König Edward III. Dies zwang die Engländer dazu, erst die Angelegenheiten auf der Insel zu regeln. Die Kampfhandlungen wurden eingestellt - erst nach Jahren Waffenstillstand wurde 1396 der Frieden von Leulinghen geschlossen. Richard II. von England heiratete im gleichen Jahr Isabella von Valois, die Tochter des französischen Königs - eine Aussöhnung schien möglich.

Phase 2 (1415-1435)
Nach dem Frieden von Leulinghen war der Krieg für England faktisch verloren. Die wichtigen Verbündeten auf dem Festland (Flandern, Gascogne und Bretagne) waren verloren. Eine Fortsetzung des Krieges schien aussichtslos, zumal die Thronstreitigkeiten und der Konflikt zwischen Krone und Parlament England schwächten.
Nach dem Tod des starken Königs Karl V. (+1380) folgte sein Sohn Karl VI., welcher ab 1392 in zunehmende geistige Umnachtung verfiel. Die teilweise komplette Handlungsunfähigkeit des Königs führte zur großen Einflussnahme der ehemaligen Regenten. Die beiden Hofparteien der Armagnacs und der Burgunder kämpften heftig um den Einfluss am Hof. Schließlich kam es zum Bürgerkrieg und beide Anführer wurden ermordet. Dies führte 1414 zum Bündnis der Burgunder mit England.
In England war letztendlich 1413 Heinrich V. auf den Thron gekommen und der Urenkel von Edward III. erneuerte dessen Ansprüche auf den französischen Thron. Geschickt nutzte er die aktuelle Schwäche Frankreichs und landete 1415 mit Truppen in Harfleur. Die Eroberung der Normandie verhinderte ein französisches Kontingent, welches Heinrich nach Calais abdrängte. Durch ein geschicktes Manöver abgeschnitten wurden die Engländer am 25. Oktober 1415 bei Azincourt zur Schlacht gezwungen. Zahlenmäßig unterlegen (nach neuester Forschung: ca. 9.000 Engländer und Waliser gegen ca. 12.000 Franzosen) nutzte Heinrich seine Reiter dazu, abgesessen die Linien der Langbogenschützen zu stärken. Die Angriffe der französischen Reiterei scheiterten an dieser Front. Die Schlacht endete in einer Katastrophe für die Franzosen: mehr als 5.000 Gefallene, weitere 1.000 gerieten in Gefangenschaft. Die Verluste der Engländer werden je nach Quelle mit 100 bis 400 Mann angegeben.
Bis 1417 hatten die Engländer weite Teile Nordfrankreichs erobert. Die Burgunder eroberten Paris und nahmen 1418 schließlich den mittlerweile völlig geistesgestörten Karl VI. und dessen Gattin Isabeau gefangen. Dem 16jährigen Thronfolger Karl gelang die Flucht in den Süden und er verbündete sich dort mit den Armagnacs.
Die Gefangene Königin Isabeau erklärte im Vertrag von Troyes ihren Sohn für illegitim und setzte Heinrich V. als Thronfolger ein (1420). Heinrich V. starb jedoch 1422 kurz vor Karl VI. Die Franzosen erklärten den Vertrag für nichtig und erklärten den Dauphin Karl zum rechtmäßigen Thronerben.
In England forderte der Regent John von Lancaster den Thron für den erst einjährigen Heinrich VI. Die Engländer eroberten das komplette Frankreich nördlich der Loire und begannen 1428 mit der Belagerung der strategisch wichtigen Stadt Orleans. In dieser für die Franzosen verzweifelten Lage trat ein Mädchen aus dem lothringischen Domremy auf den Plan: Johanna. Vorgeblich von göttlichen Visionen geleitet überzeugte sie den bis dahin wankelmütigen Dauphin Karl, dass ein Sieg für Frankreich möglich ist. Ihr Erscheinen motivierte die Truppen bei Orleans und es gelang den Franzosen, die Belagerung zu brechen. Seither ist das Mädchen als Johanna von Orleans bekannt.
1429 wurde der Dauphin als Karl VII. in Reims gekrönt. Nach einem unvergleichlichen Siegeszug durch Frankreich scheiterten die französischen Truppen an der Rückeroberung von Paris, das noch immer von den Burgundern besetzt gehalten wurde. Karl VII. war in der Zwischenzeit in Verhandlungen mit Phillip von Burgund getreten. Um diese Verhandlungen nicht zugefährden untersagte der König Johanna alle Kampfhandlungen. Johanna setzte sich über dieses Verbot hinweg und ging auf eigene Faust weiter gegen die Engländer und Burgunder vor. Vom König fallengelassen, wurde Johanna verraten und geriet in burgundische Gefangenschaft (Mai 1430). Nach zwei erfolglosen Fluchtversuche verkaufte der Herzog von Burgund seine Gefange schließlich für 10.000 Gulden an die Engländer. Diese brachten sie vor ein Gericht. Hauptanklagepunkte waren das Tragen von Männerkleidung, Ketzerei, Pakt mit dem Teufel und das unrechtmäßige Führen eines Banners ohne Bannerherr zu sein. Für schuldig befunden wurde Johanna exkommuniziert und am 31. Mai 1431 in Rouen auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Heinrich VI. wurde in Paris zum König von Frankreich gekrönt.
In den französischen Verhandlungen mit Burgund vermittelte inzwischen auch der Papst Eugen IV. Schließlich kam es 1435 zum Vertrag von Arras und der Aufkündigung des burgundischen Bündnisses mit England.

Phase 3 (1436-1453)
Nach Verlust des burgundischen Verbündeten änderte sich die Lage für die Engländer. Der französische Adel verweigerte Heinrich weitgehend die Gefolgschaft und erkannte Karl VII. als rechtmäßigen König von Frankreich an.
In den Jahren 1436 bis 1441 gingen große Gebiete an die Franzosen verloren. 1437 fiel Paris zurück an Frankreich.
1442 und 1443 folgten französische Angriffe nach Südfrankreich und in die Normandie. Ein Waffenstillstand 1444 brachte eine kurze Verschnaufpause. In den Jahren 1449 bis 1451 gingen jedoch alle Gebiete ausser der Gegend um Calais für die Engländer verloren.
Innenpolitisch geschwächt unternahmen die Engländer 1453 unter John Talbot letzte Versuche, ihren Besitzstand zu festigen. Diese endeten jedoch in der Niederlage von Castillon. Im gleichen Jahr fiel auch Bordeaux an die französische Krone.

3. Auswirkungen

Nach Ende der Kämpfe hatte England alle Besitzungen auf dem Festland verloren. Einzig der Hafen Calais blieb in englischer Hand (bis 1559). Die Thronstreitigkeiten in England führten zu den (Rosenkriege (1455-1485)). Zahlreiche Söldner aus dem Hundertjährigen Krieg fanden neue Kriegsherren in den 31 Jahren Bürgerkrieg.
Die Könige von England gaben ihren Anspruch auf die Krone Frankreichs erst viel später auf. Bis 1815 zeichneten die englischen Könige auf Dokumenten noch u. a. als Könige von Frankreich.

4. Quellen und Literaturhinweise

McBride, Nicole: Die Armeen des 100-jährigen Krieges 1337-1453
Delbrück, Hans: Geschichte der Kriegskunst - Das Mittelalter